Ein fahrbarer Untersatz war für die Menschen seit jeher wichtig. Wer sich den Traum vom eigenen Auto jedoch nicht erfüllen konnte, konzentrierte sich auf zwei Räder. Gleich, ob im Osten oder Westen, das Faible für schöne und rasante Motorräder existierte hier und dort. Hier brauchten die Menschen mehr als nur ein Moped. Und egal wo, es zählte auch das Ersparte, um sich einen „heißen Ofen“ zu leisten. Waren es in den 50er-Jahren im Westen BMW und NSU, fuhr man im Osten die MZ und die AWO.

AWO 425 — Touren- und Sport-AWO

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden Betriebe früherer Waffen- und Fahrzeugproduktionen in die sowjetische Aktiengesellschaft AWTOWELO umgewandelt. Sie erhielten den Auftrag, ein seitenwagentaugliches Motorrad mit Viertaktmotor zu bauen. Das war der Beginn der legendären AWO 425. 1957 firmierte der Hersteller der AWO als VEB Fahrzeug- und Gerätewerk, auch Simson Suhl genannt. Aus der Bezeichnung AWTOWELO wurde kurz und knapp das Wort AWO, das bis heute für das Motorrad bezeichnend ist. Das Motorrad wird AWO 425 oder auch mit Simson 425 betitelt. Die AWO ist ein Viertakt-Motorrad mit Viergang-Getriebe mit Kardanantrieb und mit 250 cm³. Bei der AWO gab es zwei Modelle, eins davon war die Touren-AWO, die auch als „Touren-AWO“ betitelt wurde. Die Touren-AWO brauchte 3,3 Liter auf 100 Kilometer und war damit fast so sparsam wie ein moderner kompakter vässla E-Roller.

Erfolg der AWO

Die AWO stand in Schönheit der BMW in nichts nach. Zudem erfüllte sie auch technisch alle Anforderungen. Die Fertigung des Motorrades war von Anfang an erfolgreich. 1951 liefen etwa 7.300 Motorräder vom Band und bereits 1955 unglaubliche 20.000 Stück. Bis heute ist die AWO bei Motorrad-Freunden in Ost und West ungebrochen beliebt.

Anlässlich des großen Erfolges des Viertakters ging 1954 die AWO Sport, genannt AWO 425 S in Produktion. Sie war mit an die 15 PS nicht nur schneller, sondern das Fahrwerk mit Hinterradschwinge sorgte für mehr Fahrkomfort. Zudem war sie optisch ein erfreulicher Anblick. Mit elegant ausgestellten Bögen der Kotflügel, effektvolle Linierungen, lackierten Felgen und einer modernen Sitzbank ist dieses Motorrad bis heute eine Schönheit. Das Tankvolumen stieg gegenüber der Touren-AWO von zwölf auf sechzehn Liter. Jedoch brauchte sie auf 100 Kilometer etwa 3,7 Liter. Die ersten Modelle der AWO Sport besaßen eine sportliche Doppelsitzbank, welche 1958 durch komfortablere Einzelsitze abgelöst wurde. Jeden Berg nimmt die AWO 425 S mit Leichtigkeit und gestattet einen zügigen Fahrstil. Das Motorrad glänzt mit einer zielsicheren Kurvenlage. Die straffe Federung nimmt es mit jedem Straßenbelag auf.

Fazit

In Suhl liefen etwa 212.000 Viertakt-Motorräder vom Band. Darunter auch die AWO als Gespann. Bis heute sind diese Motorräder bei Sammlern in Ost und West beliebt. Daneben wurden ein Zeit lang Straßenrennmaschinen für das Werks-Team und Rennfahrer gebaut. Auch gab es eine Enduro-Version, die sich erfolgreich im Endurosport durchsetzte. Thomas Bieberbach aus Marisfeld in Thüringen gewann mit seiner Simson Enduro in der 80-cm³-Klasse 1986 die Internationale Sechstagefahrt in Polen. Thomas Bieberbach war zudem der einzige Enduro-Weltmeister Deutschlands.